ARBEITSKREIS MENSCHENRECHTE (AKM)
◆ Working Group for Human Rights ◆

IRAN: Plan zur systematischen Bereicherung an Bahá’í-Eigentum

Quelle: Bahá’í-Gemeinde in Deutschland K.d.ö.R., www.iran.bahai.de

Die Bahá'í-Gemeinde in Deutschland ist zutiefst besorgt, dass eine durch die iranische Regierung kontrollierte Organisation zunehmend die Beschlagnahmung von Grundstücken iranischer Bahá'í orchestriert. Es handelt sich dabei um eine halbstaatliche Einrichtung namens „Ausführung der Anordnungen von Imam Khomeini“ (EIKO, auch bekannt als Setad), welche umfangreiche Vermögenswerte im Iran kontrolliert.

Im jüngsten Fall ordnete ein Revolutionsgericht in der Provinz Semnan an, dass die Grundstücke von sechs Bahá'í an EIKO überschrieben werden. Der EIKO-Direktor der Provinz Semnan, Hamid Ahmadi, leitete die Klage ein, um einen Gerichtsbeschluss für die Beschlagnahmungen zu erwirken.

„Die Beschlagnahmung von Bahá'í-Eigentum durch EIKO ist eine neue und sehr beunruhigende Entwicklung für die iranischen Bahá'í", sagt Jascha Noltenius, Beauftragter für Menschenrechtsfragen der Bahá'í-Gemeinde in Deutschland. „Diese Entwicklung zeigt, dass die höchsten Ebenen der iranischen Führung die Verfolgung der Bahá'í im Iran orchestrieren."

Im Januar 2022 wurde die Beschlagnahmung einer Wohnung in der Provinz Mazandaran angeordnet, die der Bahá'í Sheida Taeed gehört; im Dezember 2021 wurden inmitten einer Wasserkrise dreizehn bewässerte Ackerflächen beschlagnahmt, die Bahá'í in dem Dorf Kata in den Provinzen Kohgiluyeh und Boyer-Ahmad gehören; Bauernhöfe, die seit über einem Jahrhundert im Besitz von Bahá'í-Familien sind und von ihnen bewirtschaftet werden, wurden im Dorf Roshankooh, ebenfalls in Mazandaran, beschlagnahmt; und im März 2021 wurde durch eine weltweite Kampagne unter dem Hashtag #ItsTheirLand die Aufmerksamkeit auf die jahrelangen Bemühungen der Behörden gelenkt, Dutzende von Bauernfamilien aus dem Dorf Ivel in Mazandaran zu vertreiben.

Ein Richter des Sondergerichts für Artikel 49 der iranischen Verfassung, Muhammad-Qasim ‚Aynu'l-Kamali, ordnete an, dass die Grundstücke in Semnan an EIKO übertragen werden. Artikel 49 verlangt von der Regierung, dass sie die Rechtmäßigkeit solcher Beschlagnahmungen nach islamischem Recht nachweist.

„Der Missbrauch des Gesetzes zur Rechtfertigung von Beschlagnahmungen, zeigt den religiös motivierten Zweck dieser Maßnahmen. Die iranische Führung bereichert sich an den Bahá'í und wirkt auf ihre Verarmung und Vertreibung hin", so Noltenius.

„Die Beschlagnahmungen in den Provinzen Semnan, Mazandaran, Kohgiluyeh und Boyer-Ahmad sind möglicherweise nur der Anfang. Es besteht die Gefahr, dass weitere Grundstücke sukzessive beschlagnahmt werden, um sich der Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft zu entziehen. Menschenrechtsverteidiger innerhalb und außerhalb des Irans sollten diese empörend ungerechte Entscheidung verurteilen und fordern, dass sie unverzüglich aufgehoben wird."

Die internationale Bahá'í-Gemeinde hat bereits früher auf die Tatsache aufmerksam gemacht, dass Semnan – wo seit Jahrzehnten Vermögenswerte beschlagnahmt werden – als Labor für die Vorbereitung systematischer Verfolgungskampagnen gegen Bahá'í im gesamten Iran genutzt wird. Die Angriffe auf die Bahá'í in Semnan zeichnen sich durch ihre besondere Intensität aus, durch die Mobilisierung und Koordinierung offizieller und inoffizieller Kräfte, darunter Polizei, Gerichte, lokale Behörden und der Klerus, sowie für Verfolgungsmaßnahmen, die von Hassreden über die wirtschaftliche Strangulierung bis hin Verhaftungen und körperlichen Übergriffen reichen. Wir berichteten darüber in unserer Mitteilung vom 12.09.2021: http://www.akm-online.info/12-09-2021-IRAN

HINTERGRUND:

Die Bahá'í sind die größte nicht-muslimische religiöse Minderheit im Iran und werden seit der Islamischen Revolution von 1979 systematisch von der Regierung verfolgt.

In den Jahren nach der Islamischen Revolution wurden mehr als 200 Bahá'í hingerichtet.

In einem 1991 von Irans Oberstem Führer, Ayatollah Ali Khamenei, unterzeichneten Regierungsdokument wird gefordert, dass der Fortschritt und die Entwicklung der iranischen Bahá'í-Gemeinde „blockiert" und den Bahá'í Bildung und Lebensunterhalt verweigert werden.

Tausende von Propagandaartikeln gegen die Bahá'í werden jedes Jahr in den staatlichen Medien des Iran veröffentlicht.

Hunderte Bahá'í-Grundstücke, darunter Wohnhäuser, kleine Geschäfte und Bauernhöfe, wurden seit der Islamischen Revolution beschlagnahmt.

>>> Bitte helfen Sie mit, die Enteignungen zu stoppen, indem Sie das nachfolgende Schreiben kurzfristig an die genannten Stellen schicken.

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Seine Exzellenz

Präsident Ebrahim Raisolsadati

c/o Botschaft der Islamischen Republik Iran

Podbielskiallee 65-67

D-14195 Berlin


Fax: 030-8435 3535

E-Mail: info@iranbotschaft.de  


Exzellenz,

ich wende mich mit diesem Schreiben an Sie, um meiner großen Besorgnis über die anhaltende Diskriminierung von Angehörigen der Bahá’í-Religion auszudrücken.

Wie jetzt bekannt wurde, ordnete ein Revolutionsgericht in der Provinz Semnan an, dass das Eigentum der Grundstücke von sechs Bahá’í an die EIKO („Ausführung der Anordnungen von Imam Khomeini“ zu übertragen.

Doch ist das nicht der einzige Fall dieser Art. Offenbar sollen iranische Staatsbürger, die sich zum Bahá’í-Glauben bekennen, nach und nach ihr Eigentum verlieren, das dann an die EIKO übertragen wird.

Nicht nur die Menschenrechtskonventionen der UNO, zu deren Einhaltung sich Ihr Land verpflichtet hat, verlangt Religionsfreiheit. Auch im Koran heißt es ausdrücklich: „Es gibt keinen Zwang im Glauben“ (2:256). Weiterhin: „Und hätte dein Herr es gewollt, so hätten alle, die insgesamt auf der Erde sind, geglaubt.  Willst du also die Menschen dazu zwingen, Gläubige zu werden?” (10:99).

Ich bitte Sie daher, sich für die umgehende Aufhebung der Beschlagnahmungen, die Rückübertragung des entzogenen Eigentums sowie für die freie Religionsausübung der Bahá’í in Ihrem Lande einzusetzen.

Hochachtungsvoll



KOPIEN:

>>> Auswärtiges Amt, Werderscher Markt 1, D-10117 Berlin, Fax: 03018-17-3402, E-Mail: buergerservice@diplo.de  

>>> Deutscher Bundestag, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Platz der Republik 1, D-11011 Berlin, Fax: 030-227-36051, E-Mail: menschenrechtsausschuss@bundestag.de