Im diktatorisch regierten Eritrea wird Kritik an der Regierung so gut wie nicht geduldet. Wer seine Meinung äußert, läuft Gefahr, verhaftet zu werden und zu „verschwinden“.
Berhane Abrehe , der ehemals Finanzminister des Landes war, sitzt am Morgen des 17. Septembers 2018 mit einem seiner Söhne in einem Restaurant beim Frühstück, als Sicherheitsbeamte auf ihn zukommen. Sie nehmen ihn mit, und seine Familie erfährt nicht wohin, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) berichtet. Es gibt auch keine Informationen über die Gründe oder darüber, wie lange er festgehalten werden wird. Seine Angehörigen können ihn nicht kontaktieren.
Was Berhane Abrehe widerfahren ist, gehört in Eritrea zum Alltag der Bevölkerung. „Kritiker verschwinden hinter Gittern, selbst das Schicksal prominenter politischer Häftlinge ist unklar. Kritische Journalisten oder Menschenrechtler aus dem Ausland bekom- men kaum Zugang. Selbst ausländische Diplomaten dürfen die Hauptstadt Asmara nur mit Genehmigung der Regierung ver- lassen“, schreibt die Deutsche Welle.
In Eritrea regiert Präsident Isaias Afewerki mit harter Hand; eine Gewaltenteilung gibt es nicht. Die von der Nationalversammlung Eritreas 1997 ratifizierte Verfassung wurde auf Betreiben Afewerkis nie umgesetzt, und die Nationalversammlung darf seit der Verabschiedung des eritreischen Wahlgesetzes 2002 nicht mehr zusammentreten und ist damit faktisch inaktiv.
„Die Ausübung von Grundrechten, wie z. B. Rede- und Meinungs- freiheit, Versamm- lungs- und Religions- freiheit, ist nicht oder nur extrem eingeschränkt möglich. Eine freie Presse existiert nicht; Rundfunk und Fernsehen unterliegen staatlicher Kontrolle. Die Justiz ist als Teil des Justizministeriums von diesem abhängig, es gibt Sondergerichte. Eine organisierte politische Opposition innerhalb Eritreas gibt es nicht. Zahlreiche Regimekritiker wurden seit 2001 ohne rechtsstaatliches Verfahren verhaftet und sind seit Jahren ohne jeden Kontakt zur Außenwelt an geheimen Orten inhaftiert“, fasst das Auswärtige Amt zusammen.
Nur wenige Tage vor seinem Verschwinden hat Berhane Abrehe ein Buch mit dem Titel Eritrea Hagerey (Eritrea, mein Land) veröffentlicht. Darin kritisiert er, wie Amnesty International berichtet, das gegenwärtige politische System Eritreas unter Präsident Afewerki. Dieser, so äußerte sich Berhane Abrehe in einer im Internet veröffentlichten Ansprache, sei für das Leid der eritreischen Bevölkerung verantwortlich. Abrehe ruft die Bevölkerung dazu auf, sich friedlich für demokratische Veränderungen im Land einzusetzen.
Zwar gibt es in letzter Zeit einige positive Veränderungen – der Friedensschluss zwischen Eritrea und Äthiopien Ende Juni gehört ebenso dazu wie vorsichtige Reformen des zeitlich unbegrenzten verpflichtenden Militärdienstes, der viele junge Eritreer veranlasst, aus dem Land zu fliehen. Doch von einer grundlegenden Entspannung kann keine Rede sein. Neben der politischen Lage ist auch die Versorgung der Bevölkerung problematisch. Die rund fünf Millionen Einwohner gehören zu den ärmsten der Welt.
Legal aus dem Land auszureisen ist so gut wie unmöglich; eine Ausreise ist nur mit Erlaubnis der Regierung möglich. Über 400.000 Eritreer sind allein 2017 aus Eritrea geflohen. Der Großteil der eritreischen Flüchtlinge bleibt in Afrika; nur etwa 21.000 kamen nach Europa. In der Rangliste des Human Development Index, mit dem die Vereinten Nationen die Entwicklung und den Wohlstand eines Landes indizieren, liegt Eritrea auf Platz 179 von 189 erfassten Ländern.
>>> Bitte helfen Sie mit, die Freilassung von Berhane Abrehe zu erreichen, indem Sie das nachfolgende Schreiben kurzfristig an die genannten Stellen schicken.
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Seine Exzellenz Präsident Isaias Afewerki ℅: Botschaft des Staates Eritrea Stavangerstr. 18 D-10439 Berlin
der ehemalige Finanzminister Berhane Abrehe wurde wenige Tage nach Veröffentlichung seines Buches am 11. September 2018 in der Hauptstadt Asmara willkürlich verhaftet.
Seine Familie hat weder Informationen über seinen Verbleib noch die Möglichkeit, ihn zu kontaktieren.
Ich bitte Sie darum, dass der Aufenthaltsort von Berhane Abrehe unverzüglich offengelegt und er umgehend und bedingungslos freigelassen wird. Stellen Sie bitte sicher, dass Berhane Abrehe und andere politische Gefangene weder gefoltert noch anderweitig misshandelt werden. Bitte respektieren Sie das Rechts auf freie Meinungsäußerung.
>>> Deutscher Bundestag, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Vorsitzende: Frau Gyde Jensen, Fax: 030-227-36051, E-Mail: gyde.jensen@bundestag.de