Seit dem 3. April 2016 befindet sich Nazanin Zaghari-Ratcliffe, eine 39-jährige britisch-iranische Mitarbeiterin einer gemein- nützigen Stiftung, im Iran in Haft. Im September 2016 wurde sie nach einem unfairen Gerichts- verfahren vor dem Revolutionsgericht in Teheran wegen „Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe“ zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im Januar 2017 bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil.
Nazanin Zaghari-Ratcliffe wollte mit ihrer kleinen Tochter Gabriella Ratcliffe nach einem Familienbesuch die Rückreise nach Großbritannien antreten, als sie am Flughafen von der Revolutionsgarde festgenommen wurde. Der Ausweis ihrer Tochter wurde konfisziert. Diese lebt nun bei den Großeltern in Teheran. Der Ehemann der Gefangenen organisiert seitdem von Großbritannien aus Kampagnen für ihre Freilassung.
45 Tage wurde Nazanin Zaghari-Ratcliffe in Einzelhaft gehalten. Sie hatte bis drei Tage vor ihrem Gerichtsverfahren keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand.
Die Inhaftierte arbeitete als Projektmanagerin für die Thomson Reuters Foundation (TRF) und koordinierte Trainings für Medienschaffende in Ländern wie Jordanien, dem Libanon, Marokko und Myanmar. Zudem bereitete sie Anträge zur Beschaffung von Geldmitteln vor. Staatliche iranische Medien behaupteten seit ihrer Festnahme, dass sie eine „Spionin“ für TRF sei, und warfen der Organisation vor, die Interessen des Westens zu verfolgen, indem sie sich für eine „westliche“ Demokratie einsetze und damit „zum Verfall der örtlichen Kulturen und Traditionen“ beitrage. Amnesty International (AI) ist nicht bekannt, dass die TRF Projekte im Iran betreibt.
Im Juni 2016 erklärte der Leiter des Justizministeriums der Provinz Kerman, Nazanin Zaghari-Ratcliffe habe mit verschiedenen Webseiten und Medienkampagnen die nationale Sicherheit gefährdet während der „Volksverhetzung“ 2009 – gemeint waren die Proteste nach den Präsidentschaftswahlen. Diese Vorwürfe beziehen sich ausschließlich auf ihre Arbeit als Verwaltungsassistentin für die BBC Media Action in London. Sie betreute dabei ein Projekt, im Rahmen dessen Trainings für junge JournalistInnen in Afghanistan und dem Iran angeboten wurden.
Ende 2017 kamen kurzzeitig große Hoffnungen auf, dass Nazanin Zaghari-Ratcliffe zu Weihnachten freigelassen würde. Dennoch verblieb sie in Haft. Die iranischen Behörden strengten sogar ein weiteres Verfahren an.
Im Mai 2018 musste die Gefangene erneut vor Gericht erscheinen. Seitens des Teheraner Revolutionsgerichts verlautete, dass es sich um einen sicherheitsrelevanten Fall handele. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. Der Mutter könnten nun weitere Jahre Haft drohen. Nazanin Zaghari-Ratcliffe wird im Evin-Gefängnis in Teheran festgehalten.
Bisher wurde sie nicht angemessen medizinisch versorgt. 2017 litt sie an schweren Nacken-, Arm- und Rückenschmerzen und konnte die Arme kaum bewegen. Nach einer eintägigen Krankenhausbehandlung musste sie entgegen ärztlichen Empfehlungen zurück ins Gefängnis. AI berichtete zudem bereits über Herzrasen, Sehstörungen und Suizidgedanken. Bei einem Besuch ihrer iranischen Angehörigen wenige Wochen nach ihrer Festnahme soll sie so schwach gewesen sein, dass es ihr nicht möglich war, aufzustehen oder ihre Tochter hochzuheben.
>>> Bitte helfen Sie mit, die Freilassung von Nazanin Zaghari-Ratfliffe zu erreichen, in dem Sie das nachfolgende Schreiben kurzfristig an die genannten Stellen schicken.
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Seine Exzellenz Präsident Hassan Rohani ℅: Botschaft der Islamischen Republik Iran Podbielskiallee 65-67 D-14195 Berlin
Fax: 030-84353133 E-Mail: info@iranbotschaft.de
Exzellenz,
Berichte über die fortdauernde Inhaftierung von Frau Nazanin Zaghari-Ratcliffe erfüllen mich mit großer Besorgnis.
Am 3. April 2016 wurde die 39-jährige iranisch-britische Mutter am Flughafen in Teheran festgenommen, als sie mit ihrer kleinen Tochter von einem Familienbesuch im Iran nach Großbritannien zurückreisen wollte. Schon kurz nach ihrer Festnahme vor zwei Jahren verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand extrem. Dennoch erhielt sie nicht die erforderliche medizinische Versorgung. Die Gefangene wird im Evin-Gefängnis in Teheran festgehalten.
Im Januar 2017 bestätigte das Berufungsgericht eine Haftstrafe von fünf Jahren, die gegen Frau Nazanin Zaghari-Ratcliffe nach einem unfairen Gerichtsverfahren wegen angeblicher „Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe“ verhängt worden war. Im Mai 2018 musste sie erneut vor Gericht erscheinen. Das Revolutionsgericht erklärte, dass es sich um einen sicherheitsrelevanten Fall handele.
Frau Nazanin Zaghari-Ratcliffe ist meinen Informationen zufolge als gewaltlose politische Gefangene anzusehen, die gegen kein Gesetz verstoßen hat. Daher bitte ich Sie, Ihren Einfluss geltend zu machen, dass die Mutter unverzüglich, bedingungslos und dauerhaft freigelassen wird und mit ihrer Tochter nach Großbritannien zurückkehren kann. Ebenso appelliere ich an Sie, ihre körperliche und psychische Integrität zu schützen und ihr insbesondere eine uneingeschränkte medizinische Versorgung zu ermöglichen.
>>> Deutscher Bundestag, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Vorsitzende: Frau Gyde Jensen, Fax: 030-227-36051, E-Mail: gyde.jensen@bundestag.de