Quelle: Internationale Gesellschaft für Menschenrechte / IGFM, www.igfm.de
Einer der bekanntesten chinesischen Bürger- rechtsanwälte, Jiang Tianyong, ist am 21. November 2017 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach Überzeugung der IGFM ist der Grund für seine Gefangenschaft, dass der Anwalt zuvor mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel über Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik gesprochen hatte.
Jiang Tianyong wurde am 19. Mai 1971 in Luosahn geboren. Jiang und seine Ehefrau Jin Bialing haben eine im Jahr 2002 geborene Tochter. Zunächst arbeitete Jiang Tianyong als Lehrer, bevor er sich entschloss nach Peking zu ziehen, um sich dort für Menschenrechte einzusetzen. 2005 bestand er sein Juraexamen und nahm sich fortan politisch besonders sensiblen Fällen an. Er setzte sich für HIV-Opfer und für Menschen ein, die durch das Versagen staatlicher Stellen mit Hepatitis B-Viren infiziert waren. Er vertrat Konsumenten in einem Skandal um verseuchtes Milchpulver. Ab dem Jahr 2008 kämpfte er, nach Unruhen in Tibet, für die Rechte der Tibeter. Im selben Jahr begann er ebenfalls für Angehörige der buddhistischen Meditationsschule Falun Gong einzutreten. Falun Gong Praktizierende werden von der chinesischen Regierung systematisch verfolgt, viele von ihnen starben durch Folter.
Durch seinen be- dingungslosen Einsatz für Menschen- und Bürgerrechte geriet er zunehmend ins Visier der chinesischen Staats- sicherheit. Seiner Ehefrau gelang im Jahr 2013 mit der gemeinsamen Tochter die Flucht in die USA. Beide haben dort Asyl erhalten. Jiang entschloss sich in China zu bleiben und weiter als Menschenrechtsanwalt zu arbeiten. Er setzte sich u.a. ab Juli 2015 für die Rechte von 300 verhafteten Anwälten, Kanzleimitarbeitern, Aktivisten und deren Verwandten ein, die durch eine Verhaftungswelle willkürlich von den chinesischen Behörden zum Schweigen gebracht werden sollten.
Am 21. November 2016 wurde Jiang auf dem Rückweg von einem Mandanten selbst verschleppt und war anschließend für mehrere Wochen „verschwunden“, bevor die chinesischen Behörden einräumten, dass er in Gefangenschaft sei.
Der Verhaftung war ein Treffen, zwischen Jiang Tianyong mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, vorausgegangen, indem Jiang über die Menschenrechtsverletzungen in seinem Land informierte. Nach der Überzeugung der IGFM war dieses Gespräch ausschlaggebend für die Inhaftierung gewesen. Das wird dadurch bestätigt, dass ihm die Behörden u.a. den Kontakt mit „feindlichen Kräften im Ausland“ vorwarfen.
Nach einem Jahr in Gefangenschaft sprach das Volksgericht in Changsha am 21. November 2017 Jiang der angeblichen „Anstiftung zu Untergrabung der Staatsgewalt“ schuldig und verurteilte ihn zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe. Das Gericht entzog ihm darüber hinaus für drei Jahre jegliche politischen Rechte. Jiang hatte im Laufe des Verfahrens ein „Geständnis“ abgelegt und verzichtete nach dem Urteilsspruch auf eine Berufung. Nach Überzeugung der IGFM ist beides erzwungen. Dem Bürgerrechtler ist aus seiner eigenen Arbeit bewusst, in welchem Umfang die Regierung der Volksrepublik systematische Folter einsetzt, um Andersdenkende und Kritiker zu brechen, einzuschüchtern oder zu töten.
Laut der Aussage seiner Ehefrau wurde Jiang bedroht und körperlich und psychisch misshandelt. Als Folge von Folter in der Haft hat Jiang u.a. ein Loch im linken Trommelfell. Die chinesischen Behörden verweigerten Jiang einen Anwalt seiner Wahl und strahlten vor Prozessbeginn im Staatsfernsehen sein „Geständnis“ aus. Die chinesischen Behörden haben im Fall von Jiang Tianyong – und bei sehr vielen anderen Opfern staatlicher Verfolgung – mehrfach und wissentlich geltendes Recht missachtet, darunter internationale Menschenrechtsverträge, die chinesische Verfassung und andere chinesische Gesetze.
>>> Bitte helfen Sie mit, die Freilassung von Jiang Tianyong zu erreichen, indem Sie das nachfolgende Schreiben kurzfristig an die genannten Stellen schicken.
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Seine Exzellenz Präsident XI Jinping Guojia Zhuxi ℅: Botschaft der Volksrepublik China in Deutschland Märkisches Ufer 54 D-10179 Berlin
ich schreibe Ihnen, um Sie auf den chinesischen Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong aufmerksam zu machen. Er ist in der Volksrepublik China zunächst verschleppt und schließlich zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Unmittelbar vorausgegangen waren Treffen Jiangs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesminister Sigmar Gabriel.
Nach internationalen Rechtsmaßstäben hat Jiang Tianyong kein Vergehen begangen. Jiang ist ein weltweit anerkannter Bürgerrechtler, der sich seit Jahren für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit einsetzt. Sein „Geständnis“ ist daher nicht glaubhaft. Im Gegenteil, es lässt befürchten, dass er gewaltsam dazu gezwungen wurde. Dafür sprechen auch die Umstände seiner Verhaftung und seiner Haft. Er war in Gefangenschaft „verschwunden“ und wurde körperlich und psychisch misshandelt.
Im Fall von Jiang Tianyong haben chinesische Behörden nicht nur Jiangs Menschenrechte und seine körperliche Unversehrtheit verletzt, sondern auch die chinesische Verfassung und die chinesische Strafprozessordnung. Außerdem hat China bindendes Völkervertragsrecht missachtet, darunter den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten neben der Volksrepublik auch Deutschland gehört.
Ich appelliere an Sie, sich für die sofortige und bedingungslose Freilassung von Jiang Tianyong einzusetzen.