Als vor ca. 2800 Jahrender
Ruf Gottes an den Propheten Jona erging, den Bewohnern von Ninive ein
Strafgericht wegen ihrer Schlechtigkeit anzudrohen, wollte er sich
dieser Aufgabe entziehen, weil er sich dieser Aufgabe nicht gewachsen
fühlte. In diesen Tagen ist diese historische Region mit ihrer
Hauptstadt Mossul wieder Thema der Berichterstattung, nicht weil ihre
Bewohner so verdorben seien, nein weil sie vielmehr Opfer der grausamen,
ja barbarischen Truppen des „Islamischen Staates“ sind. Und jetzt sind
wir es, die uns nicht weigern dürfen, diesen Menschen, die zu
hunderttausenden aus ihrer Heimat fliehen, unsere Hilfe und unser
Mitgefühl angedeihen zu lassen.
„Die Dschiha- disten des Kalifats kamen gegen 23 Uhrund
zwangen die Einwohner, ihre Wohnungen umgehend zu verlassen. Viele
mussten sogar im Schlafanzug fliehen“, berichtet Schwester Luigina von
den chaldäischen Nonnen der Immaculata über die Vertreibung der
Einwohner der christlichen Dörfer der Ninive-Ebene. Auch aus Qaraqosh,
der größten christlichen Stadt des Irak und aus allen umliegenden
Dörfern wurden die christlichen Einwohner vertrieben. „Sogar das Dorf
Alqosh, in dem seit jeher ausschließlich Christen leben, musste
verlassen werden“, so die Ordensfrau.
Neben den orientalischen Christen sind es
die Yeziden, die Opfer des IS-Terrors geworden sind und einen hohen
Blutzoll zu beklagen haben: 130.000 Menschen sollen aus der
Yeziden-Hochburg Sindschar in die Städte Dohuk und Erbil im kurdischen
Autonomiegebiet geflohen sein. In Sindschar selbst sind von den ehemals
rund 300.000 Einwohnern nur noch 25.000 verblieben. Die Islamisten
hatten den Yeziden ein Ultimatum gestellt, entweder zum Islam
überzutreten oder getötet zu werden. Auch wurde bekannt, dass gefangene
yezidische Frauen und Mädchen als Sklaven verkauft wurden.
Die Kenntnis über diese alte Religionsgemeinschaft,
deren Wurzeln bis in die Zeit vor Judentum, Christentum oder Islam
zurückreichen, ist hierzulande nur gering, meistens aus der Lektüre von
Karl Mays „Durchs Wilde Kurdistan“. Um Näheres über die Religion, die
Situation im Nord-Irak sowie über Möglichkeiten der Hilfe zu erfahren,
lud der in Moers ansässige „Arbeitskreis Menschenrechte“ (AKM) Anfang
September Mitglieder der Yeziden-Gemeinde aus dem niederrheinischen
Emmerich ein.
Das Schicksal seiner Glaubens-geschwister
sei schon deshalb besonders ernst, weil es von den Yeziden weltweit nur
rund 1 Million gibt, von denen sich die Hälfte auf der Flucht befinde,
so Sinan Erkis, der mit 4 Jahren am Niederrhein
ansässig wurde und heute als Industriekaufmann tätig ist. „Große
Verbündete gibt es nicht, wohl aber allein in Deutschland knapp 100.000
Mitglieder“, betont er, „die nun versuchen, auf das Schicksal im
Nord-Irak aufmerksam zu machen und Hilfe zu organisieren.“
Auf die Sitten und Gebräuche angesprochenerklärte
er, dass es im Unterschied zum Islam kein Alkoholverbot gäbe und die
Einehe praktiziert werde, auch gebe es keine heiliges Buch. Der Mittwoch
sei im Yezidentum das, was im Christentum der Sonntag und im Islam der
Freitag ist. Denn der Überlieferung zufolge habe Gott die Erde an einem
Mittwoch erschaffen. Aus diesem Grunde werde am ersten Mittwoch im April
von den Yeziden der Neujahrstag begangen. Yezide könne man nur sein,
wenn man yezidische Eltern habe. Beim Yezidentum handele es sich um eine
monotheistische Religion, und zwar „um eine von mehreren“, weshalb auch
keine missionarische Aktivitäten entfaltet würden. „Ein Yezide kann ein
guter Mensch sein, aber nicht jeder gute Mensch muss Yezide sein.“
Yezidische Religionskriege habe es nicht gegeben. Das Verhältnis zu den
Christen sei gut. So seien es Yeziden gewesen, die in der Schlussphase
des Osmanischen Reiches verfolgten Armeniern Schutz gewährten.
Leben im Rohbau
Von einigen islamischen Fanatikern werden
die Angehörigen dieser altorientalischen Religion als „Teufelsanbeter“
diffamiert. Hintergrund dafür ist die Mythologie, wonach der Oberste der
Engel, Taus-i-Melk, symbolisiert durch einen Pfau, vorübergehend bei
Gott in Ungnade fiel - aber später rehabilitiert und wieder als
Oberhaupt eingesetzt wurde. Der Vorwurf, Taus-i-Melk habe mit dem Teufel
paktiert, sei schon deshalb unsinnig, „weil es nach yezidischer Lehrer
überhaupt keine Kraft des Bösen, also auch keinen Teufel, gibt“, erklärt
Sinan Erkis weiter.
Die Situation der Flüchtlinge in der Autonomen Region Kurdistan im Nord-Irak ist ernst.
Dabei sei das ethnisch-religiöse Klima von großer Toleranz geprägt. Das
Problem besteht darin, dass die Autonome Region mit rund 1,7 Millionen
Flüchtlingen absolut überfordert ist. Sowohl Christen als auch Yeziden
strömen in dieses Gebiet, weil sie außerhalb ihres Lebens nicht mehr
sicher sind. Die Menschen sind in Zelten untergebracht oder vegetieren
in Rohbauten dahin; die medizinische Versorgung ist bei weitem nicht
ausreichend. Dazu kommen noch die zahlreichen Flüchtlinge, die sich in
den Bergen versteckt halten. Sobald Herbst oder Winter und damit die
kalte Jahreszeit angebrochen ist, droht sich die humanitäre Situation
noch weiter zu verschlechtern.
Yezidische Gemeinden
versuchen durch Hilfstransporte, ihre Glaubensgeschwister mit
Lebensmitteln, Wasser, Matratzen, Zelten, Babynahrung, Windeln und
Medikamenten zu unterstützen. Von katholischer Seite ist es u.a. die Gemeinschaft Sant’ Egidio, die ebenfalls solche Aktivitäten entfaltet.
Der „Arbeitskreis Menschenrechte“ (AKM) möchte diese wertvollen Initiativen unterstützen und ruft deshalb zu Spenden auf das AKM-Konto bei der Sparda-Bank West eG auf: IBAN: DE61 3706 0590 0000 1572 75 (Kennwort: Nordirak). Für eingehende Gelder werden Spendenquittungen zur Vorlage beim Finanzamt
besorgt. Weitere Auskünfte sind erhältlich bei AKM-Sprecher Thomas
Müller, Am Pandyck 31, 47443 Moers, Tel. 02841-9163753, E-Mail:
info@akm-online.info, Homepage: www.akm-online.info.