ARBEITSKREIS MENSCHENRECHTE (AKM)
◆ Working Group for Human Rights ◆

PARAGUAY: 11- und 14-jährige Mädchen ermordet bzw. „verschwunden“

Quelle: Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter, www.acat-deutschland.de 

Am 2. September 2020 verschwanden die beiden 11-jährigen Cousinen Lilian Mariana und María Carmen Villalba während einer Operation der Joint Task Force, einer Elite-Einheit der Armee Paraguays, gegen Mitglieder der bewaffneten Gruppe „Paraguayische Volksarmee” (EPP) in Yby Yaú, einem Waldgebiet. Sie sind mutmaßlich entführt, gefoltert und ermordet worden. 

Nach Angaben von Laura Villalba Ayala, der inzwischen inhaftierten Mutter eines der Mädchen, waren diese in Argentinien geboren worden und dort aufgewachsen. Sie besaßen die argentinische Staatsangehörigkeit. Die Mädchen begaben sich mit Laura Villalba Ayala in ein Camp der EPP, um ihre dort lebenden Väter zu besuchen. Die Väter sind Mitglieder der EPP, einer Rebellengruppe, der schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Vieles deutet darauf hin, dass die Sicherheitskräfte brutale Vergeltung an den jungen Familienangehörigen der EPP-Mitglieder geübt haben. 

Die 14 Jahre alte Cousine der beiden Mädchen, Carmen Elizabeth Oviedo Villalba, wurde Zeugin der Ereignisse vom 2. September und konnte fliehen. Seit dem 30. November 2020 wird Carmen Elizabeth vermisst. Mehrere Dorfbewohner sagten, sie hätten gesehen, wie sie mit Gewalt verschleppt wurde.   

Laura Villalba Ayala wurde am 23. Dezember 2020 festgenommen und verschiedener Vergehen angeklagt. Derzeit wird sie in der Militärkaserne Viñas Cué in Isolationshaft gehalten. 

Die Behörden Paraguays erklärten zunächst, dass die 11-jährigen Mädchen bei einem Zusammenstoß mit der FTC getötet worden seien. Mittlerweile sind neue Zeugenaussagen aufgetaucht, wonach Lilian Mariana und María Carmen lebend gefangen genommen wurden und nicht bei Kämpfen ums Leben kamen, sondern offensichtlich nach erlittener Folter ermordet worden sind.   


Wichtige Beweise in dem Fall wurden vernichtet. Laut Human Rights Watch wurden die aufgefundenen Leichen der Mädchen sofort begraben. So dürften Hinweise auf die Todesumstände zerstört worden sein. Es fand nur eine eingeschränkte forensische Untersuchung statt. Die Behörden Paraguays lehnten es bisher ab, ein renommiertes Forensik-Team aus Argentinien mit internationaler Erfahrung in Untersuchungen eine Autopsie vornehmen zu lassen. 

Die UN-Hochkommissarin Bachelet forderte die Behörden von Paraguay auf, den Verbleib der vermissten Carmen Elizabeth zu klären. Ebenso verlangte sie eine sofortige, unabhängige und effektive Untersuchung der Todesumstände der beiden 11-jährigen Mädchen. 

Mit Blick auf die Tatsache, dass die EPP eine ernste Sicherheitsgefahr darstellt – insbesondere durch die Entführung des früheren Vizepräsidenten Oscar Denis im September – erinnerte Bachelet daran, dass die Behörden dennoch internationale Menschenrechtsverpflichtungen einhalten müssen.

>>> Bitte helfen Sie mit, die Untersuchung der Todesumstände sowie die Aufklärung des Verbleibs der 14-jährigen Carmen Elizabeth Oviedo Villalba zu erreichen, indem Sie das nachfolgende Schreiben kurzfristig an die genannten Stellen schicken.

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Seine Exzellenz
Präsident Mario Abdo Benítez
c/o: Botschaft der Republik Paraguay
Hardenbergstraße 12
D-10623 Berlin

Fax: 030-31998617
E-Mail: embapar@embapar.de 




Exzellenz,

gestatten Sie mir, Sie in folgender Angelegenheit um Unterstützung zu ersuchen.
Am 02.09.2020 verschwanden die beiden 11-jährigen Cousinen Lilian Mariana und María Carmen Villalba während einer Operation der Joint Task Force gegen Mitglieder der bewaffneten Gruppe „Paraguayische Volksarmee” (EPP) in Yby Yaú.
Ihre 14 Jahre alte Cousine Carmen Elizabeth Oviedo Villalba konnte zunächst fliehen. Seit dem 30. 11.2020 wird sie jedoch vermisst. Nach Angaben von Zeugen wurde sie entführt.

Die Mutter eines der getöteten Mädchen, Laura Villalba Ayala, wurde selbst am 23.12.2020 festgenommen und verschiedener Vergehen angeklagt. Derzeit wird sie in der Militärkaserne Viñas Cué in Isolationshaft gehalten. 

Ich befürchte, dass die Entführungen der genannten Mädchen mit der Mitgliedschaft von Familienangehörigen in der EPP in Zusammenhang stehen. Selbstverständlich verurteile ich alle von der EPP begangenen Verbrechen, insbesondere die Entführung des früheren Vizepräsidenten Paraguays, Herrn Oscar Denis. Dennoch möchte ich an die Verpflichtung der Behörden und Sicherheitskräfte erinnern, die Menschenrechte aller Verdächtigen und ihrer Angehörigen zu achten.

Ich appelliere an Sie, Ihren Einfluss geltend zu machen, 

> dass eine sofortige, unabhängige und effektive Untersuchung der Todesumstände der beiden 11-jährigen Mädchen durch eine vollständige forensische Analyse durchgeführt wird; 
> dass das Verschwinden von Carmen Elizabeth Oviedo Villalba entsprechend aufgeklärt werden;
> dass Laura Villalba Ayala uneingeschränkten Zugang zu Rechtsanwälten und ärztlicher Versorgung sowie Kontakt zu Familienangehörigen erhält und ihr ein faires Gerichtsverfahren gewährt wird.

Freundliche Grüße




KOPIEN:

>>> Auswärtiges Amt, Berlin, Werderscher Markt 1, D-10117 Berlin, Fax: 03018-17-3402, E-Mail: buergerservice@diplo.de 

>>> Deutscher Bundestag, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Vorsitzende: Frau Gyde Jensen, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, Fax: 030-227-36051, E-Mail: gyde.jensen@bundestag.de